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06.10.2015

Wirkkräfte für die Logistik nutzbar machen

Das Funktionieren unserer arbeitsteilig organisierten Produktionsnetzwerke hängt existenziell von leistungs- und anpassungsfähigen logistischen Prozessen ab. Zahlreiche Aspekte der Logistik, etwa Risiken oder die Chancen bzw. Grenzen der Selbststeuerung, wurden bereits untersucht. Die zunehmende Durchdringung aller Lebens- und Arbeitsbereiche mit cyber-physischen Systemen, außerhalb Deutschlands als Internet of Things (IoT) bezeichnet, bietet auch und gerade für die inner- und zwischenbetriebliche Logistik erhebliche Chancen und Herausforderungen.

Die Chancen liegen in der Übertragbarkeit der vier Wirkkräfte von Industrie 4.0 auf die logistischen Prozesse: Wir können neue Geschäftsmodelle mittels stärker differenzierter logistischer Leistung aufbauen und individueller abrechnen (Wirkkraft Markt).

Wir können die Prozesse effizienter machen, weitere Störgrößen herausfiltern oder Störungen gar nicht erst entstehen lassen, durch entsprechende Vorausschau und Prognose (Wirkkraft Prozesse).

Wir können neue logistische Dienstleistungen etablieren durch Hinzunahme bisher nicht wahrgenommener technischer und organisatorischer Systemelemente (Wirkkraft Produkt/Leistung) und schließlich können wir den logistischen Prozess besser an die Menschen anpassen, die sie ausführen bzw. deren Quelle oder Senke sie sind (Wirkkraft Mensch).

Diese Wirkkräfte können jedoch ihre positiven Ergebnisse nur erreichen, wenn eine Informationssystemarchitektur für logistische Prozesse aufgebaut wird, die sich radikal von bisherigen Ansätzen der hierarchischen Informationsverarbeitung unterscheidet. Es erscheint mir angesichts der entstehenden Datenmengen schlichtweg absurd, Petabyte an Daten zentral zu sammeln, um sie dann doch jeweils für Einzelfälle wieder auszuwerten.

Weiterhin werden wesentlich stärkere Algorithmen benötigt als die vier Grundrechenarten, mit denen heute Mengen- und Terminrechnungen durchgeführt werden. Für die notwendigen komplexen multivariaten Verfahren werden Spezialistinnen und Spezialisten benötigt, und zwar in den anwendenden Unternehmen selbst. Das Thema ist zu wichtig, um es den Anbietern von Logistiksoftware zu überlassen. Es berührt unmittelbar die zukünftige Kernkompetenz der Branche – und darf daher nicht als Randaspekt betrachtet werden.

Wenn wir diese Herausforderungen meistern können, dann können wir die Vorteile der Wirkkräfte cyber-physischer Systeme ernten. Wenn nicht, werden es andere tun. In diesem Sinne ist rasches exploratives Handeln geboten, um unternehmensindividuell die richtigen Schritte zu einer analytischen Logistik vorzubereiten.