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07.10.2020

Physical Internet - Riesenchance für die Schiene

Das Grundprinzip des Physical Internet ist es, die Organisation des Internet für den Datenverkehr auf den Transport physischer Güter zu übertragen. Wichtige Gestaltungselemente dabei sind die Verwendung offener Standards, die grundsätzliche Gleichbehandlung aller angeschlossenen Elemente und die Existenz eines dezentralen Routings, um nur einige zu nennen.

Der Schienengüterverkehr in Deutschland spielt, anders als in anderen Ländern, nur eine untergeordnete Rolle im Gesamtaufkommen an Fracht. Speziell er könnte am meisten vom Physical Internet profitieren. Es gibt nämlich schon eine ganze Anzahl genormter Elemente, wie z.B. die Spurbreite. Allerdings müsste auch das Netz diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werden, hier gibt es immer noch erhebliche Schwierigkeiten. 

Richtig aufregend wird es, wenn als kleinstes Element, das im Physical Rail Internet transportiert werden kann, nicht mehr der Güterwaggon verwendet wird, sondern ein oder mehrere kleinere modulare Formate, wie etwa ein geschlossener Roll-Colli, der z.B. im Verkehr zur Insel Wangerooge bereits eingesetzt wird und kleine Container, die in diesen Roll-Colli gestapelt werden können. Eine einheitliche Adressierung aller Container durch RFID und NFC dürfte kein Problem sein, ebenso ein Energy Harvesting allein durch die beim Transport entstehenden Bewegungen. Es muss also "nur noch" ein vom Netzbetreiber unabhängiges dezentrales Routing geschaffen werden. Dann könnten DHL-(Elektro-)Sprinter einige Collis zum nächsten Bahnhof bringen, von wo aus sie mit dem nächsterreichbaren Zug weitertransportiert werden und am Zielbahnhof von Hermes-Elektro-Vans weiter verteilt werden. Die Geschwindigkeit würde erheblich gesteigert werden können und noch etwas wäre anders: Durch die starke Dezentralisierung auch der Colli-Verteilung (kann ja auch im fahrenden Zug durchgeführt werden) werden kaum neue zentrale Umschlaganlagen mit riesigem Flächenbedarf und großem Einfluß auf die Netzbildung benötigt.

Meines Erachtens kann diese Idee dem ganzen Thema Frachttransport einen riesigen Schub geben. Wie wäre es, wenn wir nicht nur Hunderte von Milliarden EUR in neu erfundene Sozialleistungen stecken würden, sondern durch gezielte Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis hier einen echten Quantensprung mit deutscher Technologie erreichen würden?